Bei Unfällen oder Versäumnissen im Geschäftsbetrieb der Gebäudedienstleister drohen schnell strafrechtliche Konsequenzen. Entsprechende Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft sind belastend, die Verteidigung kann teuer werden. Zwar kann die GmbH im Ergebnis nicht ins Gefängnis gehen – der Geschäftsführer hingegen schon.
Die strafrechtlichen Verfahren bei den Gebäudedienstleistern steigen wieder an. Staatsanwaltschaft, Behörden und Berufsgenossenschaft haben die Branche als Betätigungsfeld wiederentdeckt. Bereits kleine organisatorische Mängel oder falsche Dokumente der Mitarbeiter können seitens der Staatsanwaltschaft als Ermittlungsgrund genutzt werden.
Die Pandemie setzt die Gebäudedienstleister zusätzlich aus der strafrechtlichen Perspektive erheblich unter Druck. Werden die erforderlichen Schutzmaßnahmen sorgfaltswidrig nicht umgesetzt, drohen womöglich Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Körperverletzung oder – im schlimmsten Fall – sogar fahrlässige Tötung, wenn die aufgrund einer Covid-19-Infektion erkrankte Person verstirbt. Des Weiteren ist eine s trafrechtliche Haftung nach dem Infektionsschutz- und Arbeitsschutzgesetz möglich. Werden Fehler bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld und Corona-Soforthilfe unterstellt, ermittelt die Staatsanwaltschaft schnell gegen die Geschäftsleitung wegen Vorwurf des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) oder des Betrugsvorwurfs bei unsachgemäßer Beantragung von Kurzarbeitergeld (§ 263 StGB).
Die Vorstellung, dass die Staatsanwaltschaft im eigenen Unternehmen ermittelt, mag im ersten Moment geradezu absurd erscheinen. Als gesetzestreuer Bürger und Unternehmer im Gebäudereiniger-Handwerk zahlt man seine Steuern und stiftet auch niemanden zu Straftaten an. Alle unternehmerischen Entscheidungen werden unter der Prämisse der rechtlichen Korrektheit getroffen. Folgende Schadenbeispiele zeigen, wie man schnell trotz allem in den Fokus der Staatsanwaltschaft rücken kann:
- Bei einer Fassadenreinigung stürzt ein ungesicherter Mitarbeiter ab und verletzt sich schwer. Gegen den Geschäftsführer des Gebäudedienstleisters wird durch die Berufsgenossenschaft ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Vorwurf: Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften. Die Staatsanwaltschaft leitet ebenfalls ein Verfahren wegen Körperverletzung ein (Verfahrenskosten 33.200 Euro).
- Infolge günstiger Auftragslage setzt der Betriebsinhaber ausländische Arbeitskräfte ein, die ihm aber gefälschte Arbeits- und Aufenthaltserlaubnisse vorlegen. Gegen ihn wird ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Zuwanderungsgesetz/Aufenthaltsgesetz eingeleitet (Verfahrenskosten 18.900 Euro).
- Ein Mitarbeiter verursacht bei einer Dienstreise einen schweren Kfz-Unfall mit Personenschaden und Todesfolge. Es stellt sich heraus, dass der Mitarbeiter keinen Führerschein hat. Dies verschwieg er gegenüber der Firma, da er den Verlust des Arbeitsplatzes fürchtete. Gegen den Inhaber wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, da dieser versäumte, regelmäßig die Fahrerlaubnis der Mitarbeiter zu überprüfen (Verfahrenskosten 8.600 Euro).
- Zur Reinigung einer Glasfassade wird ein Hebekran eingesetzt. Wegen mangelhafter Sicherung der Plattform kippt der Hebekran während der Arbeit zur Seite. Der Arbeiter und ein Passant, der dem Kran nicht ausweichen kann, werden verletzt. Zusätzlich kommt es zu einer schweren Beschädigung einer Glasfassade. Gegen den Verantwortlichen wird durch die Berufsgenossenschaft ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen des Verstoßes gegen Unfallverhütungsvorschriften eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung und auf Antrag des Hauseigentümers auch wegen Sachbeschädigung (Verfahrenskosten inklusive Gutachten 75.300 Euro).
Der Gebäudedienstleister sollte im Unternehmen unter anderem einen strafrechtlichen Krisenstab mit Zuständigkeiten und Ansprechpartnern einrichten. Dieser Krisenstab sollte einen Krisenplan verabschieden, damit auch bei einer strafrechtlichen Verfolgung der weitere reibungslose Arbeitsablauf durch sachliche Informationen und klare Anweisungen sichergestellt ist. Im Vorfeld sollten bereits Kommunikationskanäle zu Fachanwälten im Strafrecht eröffnet werden und Handlungsanweisungen für Durchsuchung und Beschlagnahme im Unternehmen ausgearbeitet vorliegen. Das oberste Gebot bei strafrechtlichen Vorwürfen: „Strafverteidiger mandatieren, gegenüber der Staatsanwaltschaft immer freundlich und kooperativ sein und nichts sagen!“
Risikotransfer auf den Strafrechtssschutz
Die Folgen der staatsanwaltlichen Ermittlungen führen in der Regel zu finanzieller Belastung, zu Produktivitätsverlust, zu Imageverlust und zu persönlicher Belastung der Strafverfolgten. Eine Strafrechtsschutzversicherung deckt strafrechtliche Verteidigungskosten und macht sie damit zu kalkulierbaren Betriebsausgaben. Viele Risikoträger bezahlen auch Präventionsmaßnahmen wie zum Beispiel Compliance-Schulungen für die Führungskräfte und Geschäftsführer.
Wichtig ist, dass der Strafrechtsschutz bereits im Ermittlungsverfahren greift. Durch Stellungnahmen, Gutachten und rechtsanwaltliches Spezialwissen lassen sich an dieser Stelle bereits Schaden vom Unternehmen und dem Unternehmer abwenden und der Anfangsverdacht niederschlagen. Die Verteidigungskosten sind immer private Kosten des Beklagten und stellen keine Betriebsausgaben oder sonstige abzugsfähige Kosten für das Gebäudereinigungsunternehmen dar, obwohl der strafrechtliche Vorwurf aus der betrieblichen Sphäre kommt. Strafverteidigungskosten werden – auch bei Einstellung des Verfahrens oder Freispruch – nicht vom Staat übernommen.
Den meisten Betroffenen ist das richtige Verhalten, gerade in der extremen Situation eines Ermittlungsverfahrens, fremd. Daher ist es vordringlich, sofort q ualifizierten juristischen Beistand zu erhalten. Versierte Strafverteidiger und Gutachter, die die Verfahrensgepflogenheiten kennen, sind den Betroffenen meist nicht bekannt. Auch die Kosten werden häufig unterschätzt: Die Stundensätze für einen guten Strafverteidiger beginnen bei 350 Euro, für ein Spezialgutachten bei 2.500 Euro. Selbst bei kurzen Verfahren entstehen schnell Kosten in fünfstelliger Höhe.
Auf den Punkt gebracht: Kein Unternehmer und keine Führungskraft wollen mit diesen strafrechtlichen Risiken und den immensen Kosten allein gelassen werden. Hier greift die Strafrechtsschutzversicherung: Sie überführt das private strafrechtliche Kostenrisiko des Unternehmers beziehungsweise des Geschäftsführers in kalkulierbare Betriebsausgaben des Gebäudedienstleisters. (red/rr, Christoph H. Neumann)