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Hermann

Hermann Schmidtendorf

Leiter Technik & Büro Berlin

Nachhaltigkeit bei der Reinigung ist Planungsaufgabe

Alle reden von Nachhaltigkeit: Es gibt nachhaltige Reinigungsmittel, ­nachhaltige ­Flaschen et cetera. Allerdings nutzen diese nichts, wenn die Planung der zu ­reinigenden Oberflächen nicht nachhaltig ist. Ein Bodenbelag, der erst dann sauber aussieht, wenn er trotz geringer Schmutzbelastung dreimal im Monat grundgereinigt werden muss, ist nicht nachhaltig.

Jeder, der dem Planer (Architekten) „sein“ Produkt vorstellt, will es auch verkaufen – mit mehr oder weniger blumigen Versprechen. Beim Bodenbelag werden dann die technischen Eigenschaften und die Optik vorgestellt.

Aber welche Kenntnisse hat ein Material­lieferant von der Reinigung, den Reinigungsverfahren und der Langzeitnutzung? Oftmals fehlt hier der Überblick. Auch die Unkenntnis, dass ähnliche Optik nicht ähnliche Eigenschaften bedeutet, ist leider vorhanden. Einsparungen bei der Materialauswahl oder unglückliche Materialkombinationen, die sich nicht zusammen reinigen lassen, können die Nachhaltigkeit stark beeinflussen.

Anforderungsprofil an den Bodenbelag erstellen

Um überhaupt erst einmal Nachhaltigkeit in der Reinigung zu planen, ist es notwendig, sich darüber Gedanken zu machen, welche Schmutzarten bei der Nutzung zu erwarten sind. Dass dies alles andere als trivial ist, möchte ich an einen Beispiel aufzeigen:

Ein U-Bahnhof mit Einkaufshalle, wie er in vielen Städten vorhanden ist, hat je nach Ort und Nutzung unterschiedliche Schmutzursachen:

Bahntypische Schmutze:

  • Metallabrieb durch Räder und Schienen – ein ultrafeiner Staub.
  • Rußpartikel durch die Stromabnehmer.
  • Bremsstaub (Grauguss, verboten bei Neufahrzeugen ab 2021, oder K-Sohle).
  • Wasser (Regenwasser, das vom dreckigen Dach heruntertropft).

Kundenspezifische und nutzungsbedingte Schmutze:

  • Reste von Fast Food (von Fett bis zum Ketchup).
  • Verschüttete Flüssigkeiten (Bier, Sekt, Kaffee, Orangensaft et cetera).
  • Unappetitlicher organischer Schmutz (Ausscheidungen von Mensch und Tier).
  • Abrieb von Sohlen (Ruß aus den Gummisohlen, Lederrückstände, die bei Feuchtigkeit aufquellen und sich in die Oberfläche krallen).
  • Eingetragene Tausalze oder Sand/Splitt.

Straßenstaub:

Die Art und die Beschaffenheit des Straßenstaubs sind abhängig vom Ort. In Hamburg oder entlang der Rheinschiene ist der Staub eher quarzhaltig und abrasiv. In Stuttgart oder Würzburg ist er eher kalkhaltig und weniger scheuernd. Ohne eine funktionierende Sauberlauf­zone, die regelmäßig und auch ordentlich gereinigt wird, wird der Schmutz von außen hereingetragen.
Schmutz aus den Zugangsbereichen:

Bei asphaltierten Vorplätzen ist mit einer erhöhten Belastung durch bituminöse Stoffe im Sommer zu rechnen, bei betonierten Flächen mit höherer Sandbelastung.
Liegen Pflasterflächen vor, ist auch scharfkantiger Pflastersand oder Splitt zu berücksichtigen.
Das ist übrigens bei einem Einkaufszentrum wichtig. Ist außen Asphalt und die Einkaufswägen verfügen über Gummirollen, wird im Sommer Bitumen hereingetragen. Das ist nur mit Hochalkalien oder Lösemittel entfernbar. Die Kombination aus Kunststoffrollen mit Rillen und Pflaster oder Beton auf dem Boden bringt Sand ins Gebäude, sodass man mit höherem Bodenverschleiß rechnen muss.

Das Anforderungsprofil an die chemische Beständigkeit würde dann zum Beispiel so aussehen:

  • Beständigkeit gegen Phosphorsäure (Metallabrieb) oder Amidosulfonsäure (Kalk).
  • Beständigkeit gegen Lösemittel (Rußpartikel, Gummiabrieb).
  • Beständigkeit gegen Bleichmittel (organische Flecken).
  • Beständigkeit gegen Tausalz (nicht 100-prozentig realisierbar, aber weitgehend).
  • Beständigkeit gegen alkalische Grundreiniger.
  • Beständigkeit gegen Desinfektionsmittel (quartäre Ammoniumverbindungen, Alkylamine, Ethanol et cetera).

Faktoren, die bei der Planung zu ­berücksichtigen sind

Schmutzwahrnehmung: Kennen Sie das? Eine Person sagt zu einer anderen: „Siehst du nicht, wie dreckig es hier ist?!“ Und die andere Person sieht es wirklich nicht.

Ob ein Belag schmutzig aussieht, hängt zudem auch vom Geschlecht ab. Im Auge sind zwei verschiedene „Sensoren“. Stäbchen und Zapfen. Die Stäbchen sind für die Wahrnehmung von Helligkeit und Kontrast notwendig und die Zapfen für die Farbe. Bei Männern überwiegen die Stäbchen, denn das war für die Jagd in der Dämmerung entscheidend. Bei Frauen überwiegen die Zapfen, denn das war wichtig, um zu erkennen, ob eine Frucht reif ist. Im Alter sehen Männer immer farbschwächer und Frauen werden nachtblind. Das bedeutet, dass Männer eher Helligkeitsdifferenzen wahrnehmen und Frauen eher Farb­unterschiede. (Mehr dazu können Sie nachlesen in „Männer und Frauen sehen Farben und Details anders“.)

Optische Faktoren: Bodenbeläge wirken je nach Beschaffenheit anders, sie senden unterschiedliche optische Botschaften. Ein Beispiel: Je gemusterter ein Belag ist, desto geringer ist die Wahrnehmung von Schmutz. Im Umkehrschluss heißt das: Je gleichmäßiger der Belag ist, desto eher fällt etwas auf.

Fleckempfindlichkeit: Unter Fleckempfindlichkeit versteht man das Eindringen von Substanzen in den Werkstoff. Das hängt von der Porosität und Kapillarität des Belags ab. Das kann theoretisch durch eine Imprägnierung geändert werden, zumindest temporär. Die daraus resultierenden Haftungsrisiken sind im FRT-Leitfaden für mineralische Bodenbeläge auf Seite 13 nachzu­lesen. Die Schmutzanhaftung wird aber auch gesteigert. Einfach erklärt: Das Reinigungsmittel will benetzen – das Imprägniermittel will die Benetzung verhindern.

Schmutzanhaftung: Hier gilt die Aussage: „Je rauer eine Oberfläche ist, desto mehr Schmutz bleibt daran haften.“ Das bedeutet zum Beispiel, dass man einen rauen Belag nicht vor der Schmutzanhaftung mittels Imprägnierung schützen kann.

Trittsicherheit: Bei Publikumsverkehr muss jeder Belag ausreichend trittsicher sein: R9–R13, je nach Anforderung der Behörden oder Kunden. Allerdings gibt es meistens mehrere Methoden, einen Belag entsprechend auszurüsten. Nicht immer sind die Oberflächen optimiert.

Ein Beispiel: Eine Keramik sollte R10 erreichen. Hierfür wurde die Makrorauigkeit erhöht, sprich: Vertiefungen. Dort setzte sich vor allen Dingen Staub aus den Ledersohlen der Kunden ab. Kam der Staub mit Reinigungsflotte zusammen, quoll dieser auf und saß dann richtig fest. Diesen Staub zu entfernen, ließ sich halbwegs nur mit trockener Absaugung bewerkstelligen.

Dazu gibt es ein Forschungsprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), den Download finden Sie hier.

Abriebfestigkeit: Abrieb funktioniert nicht immer so, wie man es sich vorstellt. Es gibt einmal die schlei­fende Wirkung auf der Oberfläche und es gibt den Effekt von ausgebrochenen Teilen. Das funktioniert so, dass Sandkörner sich in eine Vertiefung drücken. Durch die Fußbelastung wird durch ein Verkanten mit der Sohle eine Hebelwirkung erzeugt, bei der sich das Sandkorn dreht und hinten ein Stück herausreißt. Also spielen die Größe und Form der Poren eine Rolle – zusammen mit dem Schmutz. Je kleiner der Porenraum, desto geringer ist dann der Verschleiß. Deshalb kann es vorkommen, dass ein weicherer Kalkstein länger hält als ein Granit mit einer ungünstigen Porenradienverteilung. Auch hierbei ist die Örtlichkeit entscheidend. Sand in Hamburg ist rund, in Wolfsburg dagegen scharfkantig. Besonders bei Parkett oder elastischen Bodenbelägen ist die Haltbarkeit davon abhängig.

Sanierungsfähigkeit/kalkulatorische Nutzungsdauer: Auch dieser Faktor spielt eine Rolle. Keramik ist im Gegensatz zu Naturstein und Betonwerkstein nicht sanierungsfähig und muss dann erneuert werden. Liegt die geplante Nutzungsdauer bei fünf Jahren, kann man diese Tatsache fast vernachlässigen, aber bei 50 Jahren spielt das eine große Rolle.

Materialauswahl: Erst jetzt kann man mit dem Anforderungsprofil ein Material und eine Oberfläche ­aussuchen. Man muss sich vor Augen führen, dass die über die Nutzung entstandenen Reinigungskosten zu einem Zeitpunkt X größer sind als die Anschaffungskosten des Belags. Ob das nach drei oder erst nach zehn Jahren erfolgt, ist dann abhängig von der Nachhaltigkeit der Planung.

Aufgrund der Nutzung behält kein Material ein gleichbleibendes Aussehen. Naturstein patiniert, Keramik läuft sich ab, Betonwerkstein ist durch die nicht vorhandene Säurebeständigkeit nicht sauber zu halten – er sieht höchstens sauber aus.

Fugmaterialien und Mörtelsysteme: Die Fugmaterialien sollten ebenfalls gegen die verwendeten Reinigungschemikalien resistent sein. Dazu gehört gegebenenfalls eine säurefeste Fuge und eine lastabhängige Planung von Dehnfugen. Fugenprofile sind haltbarer als Silikonfugen. Gerissene Fugen bedingen fast automatisch eine Randzonenverfärbung. Welche Schwingungen können auftreten und wie werden sie aufgefangen? Auch das ist zu bedenken.

Sauberlaufzonen sinnvoll planen: Die Fußmatte an der Tür ist im Privathaushalt üblich, jedoch nicht immer in öffentlichen Bereichen. Aber Schmutz, der draußen bleibt, stört nicht innen. Das bedeutet unter anderem, dass die Sauberlaufzonen an die Frequentierung angepasst werden müssen und an allen Zugängen vorhanden sein sollten.

Zurück zu meinem Eingangsbeispiel: In unseren U-Bahnhof wird jede Menge Sand eingetragen. Das bedeutet eine hohe abrasive Belastung für den Boden­belag. Ideal sind Gitterroste, bei denen Sand und Wintersplitt direkt in den darunterliegenden Freiraum fallen können. Je nach Fahrgastaufkommen beziehungsweise Einkaufspublikum kann dies eine Auskofferung von 40 Zentimetern bedeuten. Wichtig ist, dass dieser Bereich regelmäßig ausgesaugt wird. Auch Salzwasser von den Schuhen kann dort abfließen. Eingangstreppen zu U-Bahnhöfen haben noch eine zusätzliche Belastung: herunterlaufendes Regenwasser. Das bedeutet, dass die Hohlräume für den Sand unter dem Gitterrost an dieser Stelle auch eine Abflussmöglichkeit (mit Sandfilter) aufweisen müssen.

Bei den Geschäften innerhalb der Mall ist eine Standardkonstruktion mit Gliedern empfehlenswert. Aber auch hier gilt: Regelmäßig reinigen. Die Kokosmatte, die immer noch ihre Liebhaber findet, ist ideal, wenn man das eingetragene Salz mit dem Dreck des Winters auch im Sommer auf den Boden weitertragen ­möchte. Kokosmatten sind für den professionellen Bereich nicht zu empfehlen.

Kostensenkung durch intelligente ­Reinigungslogistik

Zugang und Aufzüge: Die Planung des Zugangs zu den Räumlichkeiten inklusive der Aufzüge ist ein wichtiger Faktor. Dazu gehört eine intensive Aus­einandersetzung mit den Herstellern von Reinigungsautomaten. Wichtige Punkte, die dabei zu beachten sind:

  • Wenn keine Stromanschlüsse zur Verfügung stehen, kommen nur batteriebetriebene Scheuersaugmaschinen in Frage.
  • Welche Maße hat der Automat?
  • Bei Berücksichtigung der zu reinigenden Fläche, des anfallenden Schmutzes und der zur Verfügung stehenden Zeit: Welche Reinigungsautomaten sind dafür geeignet?
  • Wie viel wiegt die Maschine voll ausgerüstet und einsatzbereit zuzüglich des Bedieners? Das hat seinen Grund. In einem Objekt war eine große ­Maschine berechnet worden, allerdings musste der Maschinenführer beim Transport mit dem Aufzug draußen bleiben – den hatte man bei der Berechnung vergessen. Also wurde der Automat nur zur Hälfte befüllt.
  • Allerdings ist nicht nur die Gesamtlast relevant, sondern auch die Punktlast eines Reifens. Aufgeständerte Bodenbeläge (Hohlraumböden, Doppelböden et cetera) können bei zu hohen Punktlasten brechen. Besonders problematisch sind auch Hubwagen zum Lampenaustausch oder zur Decken­reinigung.
  • Sind eventuelle Höhenunterschiede (Stufen) oder Barrieren zu überwinden?

Ideal wäre deshalb die Planung von mindestens einem reinen Lastenaufzug, um kostenintensive Wartezeiten zu vermeiden.

Räumliche Ausstattung:

  • Wichtig, aber oft vergessen: Der Stauraum für Chemikalien. Die bauliche Ausführung muss gegebenenfalls die Ansprüche an ein Chemikalienlager erfüllen, zum Beispiel ein geeignetes Rückhaltevolumen in Verbindung mit einer geeigneten Bodenkonstruktion aufweisen und chemikalienbeständige Schwerlastregale. Dazu gehört ebenfalls ein Schranksystem, in dem gefährliche Stoffe getrennt gelagert werden können, beispielsweise Chlorbleichlauge oder Desinfektionsmittel. Das ist auch frost- und hitzebeständig zu bauen.
  • Die Befüllungsanlagen müssen für die Automaten zugänglich sein (Türenbreite). Je nach Objektgröße kann es sinnvoll sein, die Schnellbefüllungsanlagen für Scheuersaugmaschinen auf mehrere Etagen zu verteilen. Dazu gehört ebenfalls eine Möglichkeit der Entsorgung der Schmutzflotte und gegebenenfalls eine Lademöglichkeit für die Akkus.
  • Auch ein Aufenthalts- und Umkleideraum muss für die Reinigungskräfte vorhanden sein – für beide Geschlechter. Nicht zu vergessen die WC-Anlagen.
  • Lagerräume für Wischbezüge und sonstige mechanischen Hilfsmittel (Bürsten, Pads et cetera) werden benötigt.
  • Räume, in denen alle Automatenakkus gleichzeitig geladen werden können. Dazu gehört auch die Installation einer ausreichenden Stromzufuhr.
  • Waschmöglichkeit für Wischbezüge (Vor-Ort-Waschen versus An- und Abtransport von Wischbe­zügen?)

Weitere Faktoren der Nachhaltigkeit

Wie sind die Kundenanforderungen an einen Reinigungs- und Desinfektionsplan? Die Erstellung eines Reinigungskonzepts erfordert mehr als nur einen Zettel des Belagherstellers – es muss geplant werden. Dazu gehört eine b edarfs- und objektspezifische Auswahl der Chemie und der Mechanik (Walzenbürsten, Tellerbürsten, Mikrofaserpads). Nicht jeder Belag oder jede Oberfläche verträgt jede Kombination. Liegt eine offizielle Reinigungsanleitung vor, die den allgemein anerkannten Regeln der Reinigungstechnik entspricht?

Es wäre schön, wenn wenigstens der Zettel auch weitergegeben würde. Nur allzu oft muss man feststellen, dass Reinigungsanleitungen und Materialspezifikationen nicht an die Reinigungsdienstleister weitergegeben werden. Infolgedessen entstehen Reinigungsprobleme und Schäden.

Ein Reinigungskonzept beinhaltet auch eine Anleitung zur Fleckentfernung. Diese ist beispielsweise durch ein unabhängiges Institut wie das wfk – ­Cleaning Technology Institute in Krefeld in Zusammenarbeit mit Chemie- und Belagherstellern anhand von Versuchsreihen zu erstellen. Ein gutes Konzept ist im angesprochenen FRT-Leitfaden für mineralische Bodenbeläge bereits vorhanden.

Auch die Art der Verfugung spielt eine Rolle. Sind die Bodenplatten nur abgezogen (das bedeutet, nur mit einer sehr kleinen Fase an der Kante versehen), dann kann man die Fugen bis oben füllen, so dass keine tieferliegenden Bereiche entstehen. Das verhindert nicht nur Schmutzablagerungen, sondern reduziert auch die Geräuschentwicklung, wenn man mit Koffern darüberfährt.

Sind diese Fragen alle geklärt, dann können wir gerne über nachhaltige Chemikalien und deren Verpackung reden.

(red, rr, Herbert Fahrenkrog, Leiter Beratungsservice bei Magna Naturstein in Loitsche, ­Sac­hsen-Anhalt)

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